Irene
Karstens
Mein Leben und meine Kunst
Ich
wurde im Januar 1936 in München Großhadern
geboren und verbrachte auch meine Kindheit dort
- ich bin ein echtes "Münchner Kindl".
Von
meinem 7. bis zu meinem 17. Lebensjahr war mir wegen
schwerer, langjähriger Krankheit eine Ausbldung
nicht möglich. Leider konnte ich deshalb nur
die Volksschule besuchen, obwohl ich so gerne studiert
hätte. Nach einer lebensgefährlichen Operation
ging es mir wieder besser. Danach begann ich mit
Akkord-Arbeit bei Siemens und Agfa, München
und besuchte gleichzeitig Abendkurse in Steno, Schreibmaschine
und Englisch.
Mit
19 besuchte ich den Mal- und Modellier-Unterricht
über die Volkshochschule München bei Herrn
Professor Hüttisch.
Mit
23 heiratete ich den Diplomingenieur für Bauwesen
A. Rau und wurde Mutter von vier Kindern.
Nach
einem Umzug nach Bad-Godesberg, besuchte ich Modellier-Kurse
bei Professor Behrens in Bonn.
Nach
3 Jahren zogen wir wieder nach München. Schließlich
begann ich bei der Tiefbaufirma, Mühlhofer
und Pfahler in München Pläne und Zeichnungen
für Gas- und Wasserleitungen farbig anzulegen.
Bald wurde ich damit beauftragt, Höhenpläne
anzufertigen. Von dieser Arbeit beflügelt bewarb
ich mich 1977 bei der Firma Linde in Höllriegelskreuth
als Technische Zeichnerin. Dort wurde ich mit der
Aufgabe, Bau- und Maschinenbaupläne zu zeichnen
betraut, was ich dort autodidaktisch
umsetzte, da ich für solche anspruchsvollen
Arbeiten nicht ausgebildet war.
Meine
Kinder brachten viele Krankheiten aus dem Kindergarten
mit.
Deshalb musste ich dort leider nach einem halben
Jahr wieder aufhören.
Als
meine Kinder etwas größer waren, bewarb
ich mich 1973 als Bauzeichnerin bei der Firma Dyckerhoff
& Widmann. Als die Firma der schlechten Auftragslage
wegen die Tore schloss, bekam ich eine Ausbildung
zur Zeichnerin für Elektrotechnik, über
das Berufsfortbildungswerk des DGB vom November
1975 bis Juli 1977, mit erfolgreichem Abschluss
bei der Industrie & Handelskammer, München.
Neben
diesen Tätigkeiten entwickelte ich immer größeres
Interesse daran, wieder in der Kunstrichtung weiter
zu machen. Und so enstand die Idee, 1977 einen eigenen
Geschenkeladen (Kunst) mit Gemäldegalerie für
gehobene Ansprüche zu eröffnen, den ich
bis 1981 führte. Mein
Mann Karsten unterstützte mich dabei und half
mir so gut er konnte, bis er eines Tages meinte:
"Ich kann entweder an meiner Doktorarbeit für
Archäologie arbeiten oder Dir im Laden helfen".
Für mich alleine war das und 4 Kinder zu versorgen
nicht machbar. So schloss ich den Laden wieder,
denn da sind Messen zu besuchen, Waren auszupacken
und einzuräumen, zu putzen und nebenbei waren
die Kunden zu beraten und zu bedienen. Zu der Zeit
hielt ich auch schon die ersten Kurse ab.
Um
meine Familie versorgen zu können, bewarb ich
mich bei der Firma Baasel in Starnberg als Zeichnerin
für Elektrotechnik und bekam die Stelle. Neben
Schaltplänen für Mikro-Elektrotechnik,
fertigte ich auch Siebdrucke an und zeichnete spezielle
Schriften für die Laserbeschriftungsanlage.
Ich arbeitete dort von 8:00 bis 15:00 Uhr.
Abends
hielt ich für die Volkshochschule und das Kreisbildungswerk
kunstgewerbliche Kurse ab (Bauernsträuße
- Blumen aus Gärtnerkrepp, Krippenfiguren und
Fatschenkindl (dazu fertigten wir die passenden
Glasstürze - das Glas dazu schnitt ich selbst
zu); in München, Starnberg, Bad Tölz,
Murnau, Eichstätt, Geretsried, Dietramszell
und anderen Orten.
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Wachs-Arbeit:
Irene Karstens
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Inzwischen
lernte ich mir selbst die Kunst des Goldstickens
und Wachsarbeitens (Wachskindl und Köpfe mit
Glasaugen). Auch mit Klosterarbeiten beschäftigte
ich mich eingehend. In Kursen in Schlierbach, Österreich
kamen zu dem üblichen Programm noch Trösterlein
und Krüllarbeiten aus Kanten-vergoldeten Papierstreifen
dazu. In Schlierbach lernte ich von dem Kirchenmaler
Herrn Mitterrutzner die Vergolder Kunst.
Meine
Kurse waren von Anfang an gut besucht. so dass ich
sie des großen Andranges wegen meistens zwei
Mal teilen musste.
Schließlich
landete ich im Kloster Schlierbach, Österreich
- und hielt dort Wochenend-Seminare (3 bis 4 Tage)
ab. Zusammen mit meinem Mann Karsten besuchten wir
Ausstellungen, Klöster, Kirchen, Museen. Das
waren meine "Schulen".
Schließlich hielt ich in meinem eigenen Haus
Kurse für eine Klosterarbeit mit graviertem
Spiegelrahmen ab. Auch die Spiegelrahmen fertigten
die Kursteilnehmer unter meiner Leitung selbst an.
Dazu wurden auf normalem Glas (4 Teile mit komplizierter
Form, das ich selbst zugeschnitten hatte) die Muster
graviert. Das Glas wurde anschließend von
der Firma Löffler im Bayrischen Wald verspiegelt,
die Teile
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Blumenstrauss
Draht- und Glasperlen
Irene Karstens
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auf
ein entsprechend zugeschnittenes Sperrholz geklebt
und so entstand ein kunstvoller Rahmen. Da hinein
kam ein Kästchen welches die kostbare Klosterarbeit
enthielt.
In
München unterrichtete ich im Stadt-Museum und
in der Blumenschule für das Referat für
Volkskultur, die Münchner Riegelhaube (Goldstickerei)
und erstellte mit Hilfe von Beratungen durch Frau
Dr. Gislind Ritz, Herrn Stefan Hirsch, Bezirksheimatpfleger
von Oberbayern und Herrn V.D.L. ein Konzept für
das Münchner Gwand. So empfahl ich auch eine
Schneiderin, die das "Gwand" unterrichten
konnte. Das löste einen Boom auf die Kurse
aus, die dann immer schon auf ein Jahr im Voraus
belegt waren.
Weil
es mir darum zu tun war, dass man das "schöne
Münchner Gwand" (um 1850) wieder tragen
kann, gründete ich 1987 mit 30 meiner Kursteilnehmerinnen
im Ratskeller im Rathaus München den Verein
"Die schöne Münchnerin", in
Anlehnung an Helene Sedlmayer aus der Schönheiten
Galerie, Schloss Nymphenburg von König Ludwig
II. Ich fertigte für die Frauen- und Männertracht
Skizzen an, um nach altem Vorbild die Kriterien
festzulegen. Zwischen Tracht und Volklore besteht
ein großer Unterschied: Folklore ist frei
wählbar. Trachten unterliegen strengen Regeln.
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